Wann ist ein Pferd eigentlich alt? Alterszeichen erkennen und richtig begleiten

Pferde können bei guter Pflege ein hohes Alter erreichen, oft sogar über 30 Jahre. Doch wann beginnt das Alter beim Pferd eigentlich? Und wie äußert sich dieser Lebensabschnitt? Anders als beim Menschen gibt es keine festgelegte Altersgrenze, ab der ein Pferd als „alt“ gilt. Vielmehr handelt es sich um einen individuellen Prozess, der sich körperlich und mental bemerkbar macht.

Ein genauer Blick auf die Veränderungen hilft dabei, ältere Pferde bedarfsgerecht zu begleiten. Sei es im Offenstall, auf der Weide oder im Ruhestand.

Veränderungen im Alter, worauf geachtet werden sollte:

Mit zunehmendem Alter verlangsamen sich Stoffwechsel, Regeneration und Muskelaufbau. Die ersten Alterserscheinungen zeigen sich oft schleichend.

  • Muskelschwund, vor allem an Hals, Rücken und Kruppe

  • Steifer Gang oder verlangsamte Bewegungen

  • Vermehrte Ruhephasen und kürzere Aktivitätsphasen

  • Veränderungen am Fell (stumpfer Glanz, mehr weiße Haare)

  • Gewichtsveränderungen trotz gleichbleibender Fütterung

  • Vermindertes Hör- oder Sehvermögen

Auch das Immunsystem reagiert langsamer. Kleine Infekte oder Verletzungen können länger brauchen, um zu heilen. Diese Anzeichen sind nicht immer krankhaft, weisen aber darauf hin, dass sich die Bedürfnisse verändern.

Typische Alterskrankheiten

Ältere Pferde sind anfälliger für bestimmte Erkrankungen. Besonders häufig treten auf:

  • Cushing-Syndrom (PPID): Eine Stoffwechselstörung, die sich durch Fellveränderungen, Muskelschwund und eine erhöhte Infektanfälligkeit äußert.

  • Arthrose: Gelenkverschleiß, der zu Schmerzen und Bewegungseinschränkungen führt.

  • Zahnprobleme: Abgenutzte Zähne, Hakenbildung oder fehlende Zähne können die Futteraufnahme erschweren.

  • Chronische Atemwegserkrankungen (z. B. COB): Sie treten besonders bei Staub- oder Ammoniakbelastung im Stall auf.

  • Hufrehe: Vor allem bei Stoffwechselerkrankungen oder Fütterungsfehlern.

Regelmäßige tierärztliche Kontrollen sind im Alter besonders wichtig, um Beschwerden frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.

Haltung und Bewegung, angepasst statt abgeschrieben:

Alte Pferde brauchen Bewegung, aber mit Augenmaß. Sanfte, regelmäßige Aktivität hält Muskulatur, Kreislauf und Gelenke in Schwung. Ideal sind:

  • Spaziergänge, Longieren oder Bodenarbeit

  • Kurze Ausritte mit lockerem Tempo

  • Angepasste Belastung je nach Tagesform

Bei der Haltung sind Trittsicherheit, Witterungsschutz und sozialer Kontakt entscheidend. Eine Offenstallhaltung ist auch im Alter möglich, sofern Rückzugsmöglichkeiten, weiche Liegeflächen und rangniedrige Gesellschaft gegeben sind.

Die Fütterung im Alter muss individuell abgestimmt werden:

Da ältere Pferde Futter schlechter verwerten, ist eine angepasste Ernährung notwendig. Wichtige Aspekte:

  • Leicht verdauliche Raufutterquellen (z. B. eingeweichte Heucobs)

  • Zahnfreundliches Kraftfutter bei Problemen mit der Kauleistung

  • Angepasste Eiweiß- und Energiezufuhr zur Erhaltung der Muskulatur

  • Zugabe von Mineralstoffen, Vitaminen und ggf. Ölen zur Unterstützung von Gelenken und Immunsystem

Eine Futterberatung durch einen Tierarzt oder Ernährungsexperten kann helfen, die Ration altersgerecht zu gestalten.

Mentale Veränderungen und emotionale Bedürfnisse

Mit dem Alter verändert sich auch die mentale Belastbarkeit. Viele Pferde werden ruhiger, aber auch empfindlicher gegenüber Stress. Klare Tagesstrukturen, ein vertrautes Umfeld und ein ruhiger Umgang fördern das emotionale Gleichgewicht.

Besonders wichtig ist der Erhalt sozialer Kontakte. Auch ältere Pferde suchen Nähe, putzen sich gegenseitig oder stehen eng beieinander, selbst wenn ihre Bewegungsfreude nachlässt.

Zusammengefasst:

Ein Pferd gilt nicht ab einem bestimmten Alter als „alt“, sondern dann, wenn sich seine Bedürfnisse, seine Leistungsfähigkeit und sein Gesundheitszustand sichtbar verändern. Mit Feingefühl, Erfahrung und angepasster Betreuung lässt sich dieser Lebensabschnitt würdevoll gestalten – als Zeit der Ruhe, Dankbarkeit und Verbindung. Denn auch ältere Pferde haben viel zu geben und verdienen eine Haltung, die ihnen gerecht wird.